AKTUELL PERSÖNLICH Veetokter nimmt Abschied in Raten Seit knapp 35 Jahren arbeitet Hans Estermann als Tierarzt in Kerns. Nun schliesst er die Praxis. Obwohl er schon vor drei Jahren in Pension hätte gehen können, mag er die Füsse noch immer nicht hochlegen. Wird ein Hund in Rückenlage operiert, müssen die Atemwege und damit auch die Schnauze offen bleiben. Im tierärztlichen Fachhandel finden sich unzählige Instrumente, die dafür sorgen, dass der Hundekiefer während der Operation geöffnet bleibt. Doch der Kernser Tierarzt Hans Estermann (68) verzichtet auf Schnickschnack. Er klemmt dem Hund einfach den Korkzapfen einer Weinflasche zwischen die Vorderzähne. Während viele Kleintierkliniken heutzutage teurer und moderner eingerichtet sind als so manche Hausarztpraxis, ist Hans Estermann bis zu seiner anstehenden Pensionierung das geblieben, was er immer schon war: ein «Veetokter» alter Schule. Auf dem Behandlungstisch liegt die einjährige Hündin Kura. Wenn sie aus ihrer Vollnarkose erwacht, wird sie ein paar Gramm leichter sein, denn Hans Estermann entfernt ihre Eierstöcke und ihre Gebärmutter. Die vollständige Kastration einer Hündin – im Fachjargon Ovariohysterektomie genannt – ist zwar aufwendiger und teurer als die Kastration von Männchen, zählt aber zu den Routineeingriffen. Für Hans Estermann ist die Kastration einer Hündin trotzdem eine Abwechslung zum Alltag. «Etwa 90 Prozent meiner Patienten sind Nutztiere», sagt er. Und die behandelt er natürlich nicht in seiner schlichten Kleintierpraxis in Kerns, sondern direkt vor Ort bei den Bauern. Im Sommer, wenn die Kühe auf der Alp sind, spult Hans Estermann mit seinem Geländewagen locker 100 Kilometer pro Tag ab, um seine Patienten auf 2000 Meter über Meer zu besuchen. Weiterhin zwei Tage pro Woche unterwegs Was die Kleintiere angeht, gehört Hündin Kura zu seinen letzten Patienten. Ende September schliesst Hans Estermann nach fast 35 Jahren als Kernser Tierarzt seine Praxis. Einen Nachfolger hat er zwar gesucht, aber nicht gefunden. Das Pensionsalter hätte Estermann schon vor drei Jahren erreicht, trotzdem mag er seine Leidenschaft noch immer nicht ganz aufgeben. «Durchschnittlich zwei Tage pro Woche werde ich als «Die Obwaldner Bauern schauten am Anfang schon etwas skeptisch, weil ich kein ‹Hiesiger› war.»
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