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Aktuell Obwalden | KW50 | 16. Dezember 2021

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AKTUELL IM ARCHIV

AKTUELL IM ARCHIV Magistrale Schelte für Skitalent Dass junge Sporttalente gefördertwerden sollen, stellt heute kaum jemand in Frage. Als Bruno Enz in den70er-Jahren seine Lehrebeim Kanton machte, war man beim Thema Förderung nicht ganz so weit. Anfang Dezember ist der Verein Sportnetz Obwalden gegründet worden. Erklärtes Ziel ist es,bessere Rahmenbedingungen für junge Sporttalente im Sarneraatal zu schaffen, damit sie Ausbildung und leistungsorientierten Sport unter einen Hut bringen. (Infos: www.sportnetz-ow.ch) Talentförderung? Davon hat man früher nur träumen können. Zu diesem Schluss kommt man zumindest, wenn man den ehemaligen Giswiler Gemeindepräsidenten Bruno Enz (Bild) auf eine Episode anspricht, die sich vor einem halben Jahrhundert zugetragen hat. Enz war damals nämlich ein 19-jähriger Nachwuchsathlet im Skifahren und schaffte es ins C-Kader des Schweizer Nationalteams. Das Problem dabei: Er war Lehrling im Obwaldner Baudepartement. Und dort zeigte man wenig Musikgehör für die «Sonderwünsche» eines jungen Talents. Zu wenig Ferientage für Tournee Wenn sich Bruno Enz an diesen Winter im Jahr 1972 erinnert, muss er schmunzeln. Groll hege er längst nicht mehr, und keinesfalls wolle erjemanden an den Pranger stellen, betont er, als wir ihn überreden, uns diese Geschichte zu erzählen. Und die ging so: Wieden anderen Lehrlingen des Kantons standen auch Bruno Enz drei Wochen Ferien pro Jahr zu. Er nahm diese nicht am Stück, sondern nutzte einzelne freie Tage, um an Meisterschaften teilnehmen zu können. Im März 1972 stand aber eine einwöchige Tournee in Osteuropa auf dem Programm. Dank guten Resultaten kriegte Bruno Enz kurzfristig ein Aufgebot des Schweizer Skiver- Bruno Enz als 19-jähriger C-Kader-Fahrer an einem Rennen in Jasná in der Slowakei.

KlareAnsage an den Lehrling BrunoEnz: Ausschnitt aus dem Brief vom21. März 1972. bands für diese Rennen in Osteuropa. (Der Skiverband stand damals übrigens unter der Regie des späteren Bundesrats Adolf Ogi). «Mir fehlten allerdings drei Ferientage, um an der Tournee teilzunehmen», erinnert sich Bruno Enz. Als gewissenhafter Lehrling fragte er deshalb seinen Chef, den damaligen Kantonsingenieur, umErlaubnis, an die Rennen gehen zu können. «Er sagte mir, er könne das nicht entscheiden. Ichmüsseden Baudirektor fragen.» Bruno Enz tat, wie ihm geheissen. Doch auch der damalige Landammann und Baudirektor sah sich offenbar ausserstande, dem jungen Skitalent eine Absenz zu erlauben. Zuständig dafür, sowurde der19-jährige LehrlingBrunoEnz belehrt, sei der Finanzdirektor,der auch als Personalchef des Kantons amtete. Niemand da, der Erlaubnis gebenkann? Während die Stunde der Abreise immer näher rückte, war der Finanzdirektor allerdings an einer Sitzung in Zürich. Er sei erst gegen 21 Uhr wieder daheim, wurde Bruno Enz telefonisch ausgerichtet. «Also fuhr mich mein Vater am Abend zum Haus des Finanzdirektors, damit ich mit ihm sprechen konnte.» Dieser war aber noch nicht daheim. Dafür öffnete seine Schwiegertochter die Tür. «Ich schilderte ihr mein Problem», erzählt Bruno Enz. «Sie meinte, meine Teilnahme an der Tournee werde wohl kein Problem sein. Sie werde esihrem Schwiegervater ausrichten.» Tags darauf reiste Bruno Enz guten Mutes mit dem Schweizer Ski-Kader ins Ausland. Nach der Rückkehr in die Schweiz warteteim Hause Enz aber dicke Post auf Sohn Bruno. Der Baudirektor höchstpersönlich las dem Lehrling die Leviten. «Eigenmächtig hast du dir nun den Urlaub genommen», herrschte der Magistrat das junge Skitalent aus Giswil an. Dabei habe er ihm doch gesagt, er müsse den Personalchef um Erlaubnis bitten. Dies habe er nicht getan. Und: «Der Personalchef wäre nicht einverstanden gewesen», liess der Baudirektor den Lehrling wissen. Komme so etwas noch einmal vor, werde der Lehrvertrag aufgelöst (siehe Bildoben). «Ich vermute,dass der Personalchef seine Schwiegertochter abends gar nicht mehr sah und darum am andern Tagglaubte, ich hätte mich einfachaus dem Staub gemacht, ohne ihn zu kontaktieren», sagt Bruno Enz. Doch auch ungeachtet dessen hätten seine Vorgesetzten oft wenig Verständnis gezeigt für die Bedürfnisse eines Skitalents. So wurde ihm einmal gesagt, es könne doch nicht jeder wegen einem «Hobby» Spezialwünsche anbringen –der eine gehe gerne fischen, der andere fahre halt Ski. Bruno Enz erinnert sich: «Ganz allgemein hinkte die Schweiz in Sachen Sportförderung etwas hinterher.» Nachdem Bruno Enz die Lehre beim Kanton erfolgreich abgeschlossen hatte, fuhr er noch zwei JahreimEuropacup Ski. SeinZiel, ins B-Kader aufgenommen zu werden, hat er unter anderem wegen einer Knieverletzung nicht erreicht, und so hängte er seine Karriere im Spitzensport anden Nagel. «Der Kanton ist also nicht schulddaran, dass aus mir kein Skistar wurde», fügt er schmunzelnd an. (ve)

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