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Aktuell Obwalden | KW35 | 1. September 2022

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Im Dschungel

Im Dschungel geschrieben, heute im Staatsarchiv Obwalden zu finden: Hans Imfelds Tagebücher. (Bild: ve) Feind Frankreichs, das seine Kontrolle über Indochina nicht aufgeben wollte, wurden einheimische Kämpfer, die nach Unabhängigkeit strebten, sowie China, das seinen Machtbereich ausdehnen wollte. Kurz: Die Dinge waren unglaublich vertrackt und kompliziert. Doch auch wer sich kaum mit der Geschichte des Indochinakriegs beschäftigt hat, dürfte den Namen des berühmtesten Revolutionärs bestens kennen: Ho Chi Minh. Der damals 56-jährige vietnamesische Freiheitskämpfer war also – wenn man die komplizierte Geschichte gänzlich vereinfacht darstellt – ein vehementer Gegner von Hans Imfelds Plänen. Dieser allerdings war im August 1945 vor allem in Laos beschäftigt, wo er nach dem Abzug der Japaner zum Kommissar (Stellvertreter) der Republik Frankreich wurde. Kämpfte Hans Imfeld für das «Gute»? Aus heutiger Sicht sind Kolonialmächte natürlich keine Sympathieträger, und so könnte man versucht sein, Hans Imfelds Handeln im Dienste Frankreichs als verwerflich zu verurteilen. Doch es griffe zu kurz, Imfeld als verlängerten Arm von Frankreichs Machthunger zu sehen. Aus seinen Tagebucheinträgen geht hervor, dass er wirklich glaubte, für eine gute Sache zu kämpfen, zumal den Franzosen in Laos nicht etwa nur Verachtung entgegenschlug. Das «Protektorat» Frankreichs wurde anscheinend in weiten Teilen der Bevölkerung gutgeheissen. Laut einem Tagebucheintrag Imfelds sagte Sisavang Vong, der König des laotischen Reichs Luang Prabang, gegenüber einer chinesischen Delegation: «Wir sind zu schwach, um unabhängig zu sein. Wir müssen von einer grossen Macht geschützt werden. Wir haben entschieden, dass dies die Franzosen sind.» Solche Worte gingen bei Hans Imfeld natürlich runter wie Öl. Entsprechend gross war seine Enttäuschung, als er nach und nach feststellte, dass Frankreichs Einfluss

in Indochina schwand – vor allem in Vietnam. Aus seinem Tagebuch vom 12. Oktober 1945: «Was mich beunruhigt, ist der Ausbruch von Hass gegen uns in praktisch ganz Indochina. (...) Alles, was wir in diesem Land machen möchten, zählt nicht. Die Annamiten [Vietnamesen, Anm. d. Red.] tun alles, um uns anzukotzen, so wie die Syrer uns angekotzt haben. Hässlich, diese Auflösung unseres Reiches! Ich weine deswegen vor Wut und Schmerz. Ich, der ich immer für das Gute und für die Förderung der farbigen Völker eingestanden bin, der sein Leben für dieses grosse und reine Ideal gewidmet hat, bin im Tiefsten meiner Seele verletzt, wenn ich dieses grosse Werk Frankreichs geohrfeigt und in den Dreck gezogen sehe!» Vor allem gegenüber den Chinesen, die in Indochina das Zepter übernehmen wollten, wählte Hans Imfeld in seinem Tagebuch nicht gerade zimperliche Worte: «Wenn ich noch irgendwelche Sympathien für diese dunklen Schweinskerle gehabt hätte, dann hätte ich sie jetzt endgültig verloren. Kein Respekt für ihr Ehrenwort, tiefste Erniedrigung bis zum Ende, schreckliche Geldgier. Sie verstehen nur die Gewalt als Argument. Meine Abscheu ist immens.» Imfelds Schwanken zwischen Euphorie und Zorn wich zusehends einer tiefen Resignation, die sich auch auf die Truppenmoral auswirkte. Er wusste um die Gefahr seines regelmässigen Opiumkonsums und fand darin gleichzeitig seine einzigen Stunden der Ruhe. Doch die laotische Befreiungsbewegung Lao-Issara kämpfte derart entschlossen gegen die Franzosen, dass Imfeld und seine Männer im Januar 1946 aus dem Land fliehen mussten und nach wochenlangen Strapazen schliesslich in Saigon landeten. Ein grosser Triumph wartete in Vietnam noch auf ihn: Im Januar 1947 eroberte er mit seiner Truppe die Stadt Son La, wo sich die gegnerischen Vietminh verschanzt hielten. An einem anschliessenden «Siegesfest» soll sich Hans Imfeld – berauscht von seinem «Glühender Patriotismus und Opferbereitschaft» Aus der Urkunde für Hans Imfeld anlässlich seiner Beförderung zum Ritter der Ehrenlegion im Sommer 1946, ein Jahr vor seinem Tod: «Hans Imfeld, Chef der Truppen in Laos, befördert zum Ritter der Ehrenlegion. – Nach langen Monaten des Widerstandes im Inland nach Indien zur Ausbildung für Fallschirmkommandos gegangen. Am 26. Februar 1945 bei Than Nguyen mit dem Fallschirm abgesprungen. Am 9. März ist es ihm gelungen, Hanoi zu verlassen, während die eigenen Truppen sich nach China zurückzogen. Hat mit weiteren Fallschirmjägern aus Kalkutta und Freiwilligen Guerilla-Gruppen in Nordlaos gebildet. Hat bis zur Kapitulation der Japaner wichtige Aufgaben der Nachrichtenbeschaffung erfüllt und durch sein politisches Wirken rings um ihn alle Völker der Region um sich geschart. Ist am 27. August 1945 in Luang Prabang einmarschiert. Übte von da an die Funktion des Kommissars der Republik Laos aus und stellte die Präsenz Frankreichs unter äusserst harten Bedingungen sicher, die auch seinen schlimmsten Feinden Respekt abnötigten. Hat bis zum Schluss dem Oberkommando wertvolle Informationen geliefert trotz der grossen Schwierigkeiten. Grossartiges Beispiel von glühendem Patriotismus und Opferbereitschaft.» Eine Strasse in Limoges (F) erinnert heute noch an Colonel Hans Imfeld. (Bild: Google Street View)

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