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Aktuell Obwalden | KW32 | 11. August 2022

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AKTUELL IM ARCHIV Mit allen Wassern gewaschen Wie verdient man beim Verkauf von Milch noch ein paar Franken dazu? Ganz einfach: Man streckt sie mit Wasser. Auch in Obwalden konnten einige Schlaumeier dieser Versuchung nicht widerstehen. Man nehme einen Liter Milch, trinke einen Deziliter und fülle den Rest wieder auf – mit Wasser. Die Chancen stehen gut, dass der nächste Milchtrinker gar nicht merkt, dass die Milch «gepanscht» worden ist. Diese Tatsache brachte früher einige Bauern und Milchlieferanten auf dumme Gedanken: Sie betrieben Milchfälschung. Ob man den Schlaumeiern auf die Schliche kam, hing von ihrem Glück und von ihrer Gier ab. Glück, weil die Milch früher nur stichprobenweise kontrolliert wurde. Gier, weil es natürlich einen Unterschied macht, ob man der Milch fünf Prozent Wasser beifügt oder fünfzig. War etwa ein «Wiibervolch» schuld? Das Strecken von Milch mit Wasser hat eine lange «Tradition». Im Jahr 1850 machte Jeremias Gotthelf in seinem Roman «Die Käserei in der Vehfreude» die Milchfälschung gar zum Leitmotiv. Und der Schwyzer Autor Meinrad Lienert veröffentlichte 1918 eine Erzählung mit dem Titel «Der Milchfälscher». Auch wenn die Obwaldner schweizweit seit jeher – und sehr subjektiv eingeschätzt – auf Rang 1 stehen, was Ehrlichkeit und Ehre angeht, gab es auch hierzulande einige Schlaumeier, die das Tricksen nicht lassen konnten. Dies zeigt sich mit Blick in einige Untersuchungsakten im Staatsarchiv. Da war etwa ein 35-jähriger Engelberger Knecht – nennen wir ihn Johann –, der im August 1940 beim Verhörrichter antraben musste. Mitte Juli war nämlich festgestellt worden, dass die Milch eines Alpnacher Bauernhofs, wo Johann als Melker arbeitete, mit Wasser gepanscht worden war. Johann stritt die Tat vehement ab und argumentierte, dass ja möglicherweise ein «Wiibervolch» dahinter stecken könnte (siehe Abschrift des Verhörprotokolls auf der rechten Seite). Doch der Verhörrichter glaubte ihm nicht. Erschwerend kam hinzu, dass auch Johanns Meister nicht gerade begeistert war von den Melkerqualitäten seines Knechts. Johann sei, so konstatierte sein Meister kurz und bündig beim Verhör, «ein schlechter Melker». Er habe Johann nur angestellt, weil es bekanntlich sehr schwierig sei, «während des Aktivdienstes gute Melker zu finden». Befragt wurde auch ein früherer Arbeitgeber von Knecht Johann. Er habe zwar nie festgestellt, dass Johann die Milch mit Wasser versetzte, um als fleissiger Melker zu brillieren. Dennoch habe Johann ein liederliches Leben geführt und dem Alkohol zugesprochen, weshalb er ihn entlassen

Aus dem Verhörprotokoll vom 22. August 1940 Der beschuldigte Knecht Johann aus Engelberg wird von Verhörrichter Emil Kathriner und Landschreiber Rudolf Gasser im Rathaus befragt. Seit wann sind Sie Knecht bei xxxxxx ? Seit 21. März 1940 Was verrichten Sie bei xxxxxxx ? Ich bin Vieh- und Landknecht. Besorgen Sie das Vieh bei xxxxxx ? Ja, allein. Es sind jetzt im Sommer 7 Kühe zu besorgen. (...) Die Lebensmitteluntersuchungsanstalt in Brunnen hat bei einer Milch, die Sie in die Sennhütte lieferten, einen Wasserzusatz festgestellt. Wie erklären Sie sich diesen Wasserzusatz? Die Milchbrente befand sich immer vor dem Stall, auf einem Zweiräderkarren. In der Nähe befindet sich das laufende Wasser. Ich kann mir diesen Wasserzusatz nicht erklären. Ich habe es nicht gemacht. Das muss von fremder Hand gemacht worden sein. Wir haben vorliegend die Tatsache zu berücksichtigen, dass Sie allein den Viehstand besorgten, allein molken und mit der Milch auch in die Sennhütte gingen! Sie sind also für diesen Wasserzusatz verantwortlich! Was hätte ich jetzt davon, Wasser in die Milch zu tun. Ich bin bei xxxxxxxx angestellt bei einem Monatslohn von 100 Franken. Es kommt mir doch nicht in den Sinn, Wasser in die Milch zu tun und damit mich und auch die Meistersleute zu schädigen. Ich hatte schon früher gute Stellen. Ob «er» mir das z′Leid getan hat oder dem Meister, das weiss ich nicht. Wer «er»? Eben der das gemacht hat, ja vielleicht kann es sich auch um ein Wiibervolch handeln. Sie sagen, jemand anders habe den Wasserzusatz besorgt. Das ist ganz unglaubwürdig! Um Himmels Willen, was soll ich denn sagen. Sie allein kommen als Täter in Frage! Wenn ich es ableugne, muss ich es doch nicht sagen. Ich lange keine Kuh mehr an, wenn ich deswegen bestraft werden sollte. Von dem Moment an, als der Wasserzusatz konstatiert wurde, nahm ich die Brente jeweils in den Stall. Ist es vielleicht nicht so gewesen, dass Sie beim Ausspülen Wasser in der Brente zurückliessen? Nein sicher nicht. Einmal ist das mir passiert und zwar an dem Tage, als die Experten zur Stallprobe kamen. Es war an einem Mittwoch. Ich stülpte die Brente nicht sogleich um, damit das Wasser ablaufe, weil ich von zwei Kühen abgelenkt wurde. (...) Inzwischen kamen dann die Experten und sie stellten dann die Brente auf den Kopf, sodass das drinnen gebliebene Wasser ausrann. Es mag sich um ein halbes Beckli Wasser gehandelt haben. Wenn Ihnen das passierte, dann ist es sehr wohl möglich, dass Sie schon früher Wasser in der Brente liessen, nur etwas mehr. Nein, das ist nur einmal passiert. (...) Und die Milch gefälscht habe ich nicht. Das tat eine unbekannte Drittperson. Können Sie uns nicht eine andere Erklärung geben für diesen Wasserzusatz? Nein, ich beharre auf meinen Aussagen. Heigs etz gmacht wer heig wellä. Ich habe ein gutes Gewissen. Ich wäre nicht imstande es abzuleugnen, wenn ich es gemacht hätte. Ich habe überall tadellose Milch abgeliefert. (Quelle: Untersuchungsakten im Staatsarchiv Obwalden. Die Dokumente liegen zwar nicht mehr in Schutzfrist, wir verzichten dennoch auf die Nennung der Namen von Angeklagten und Opfern.)

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