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Aktuell Obwalden | KW29 | 21. Juli 2022

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en, aber ich fühle mich

en, aber ich fühle mich oft gehindert, meinen Auftrag ganz auszuführen. Ein Beispiel? Ich kann einen ganzen Gottesdienst übernehmen. Aber fürdie Wandlung der Hostie muss ich einen Priester holen, der das rasch übernimmtund dann wieder verschwinden kann. Wie ein «Zauberer», der schnell einen Trick vorführt. Nur ein Priester darf das –egal, ob er mit den Gläubigen verbunden ist oder nicht. Aus meiner Sicht widerspricht dies dem Sinn des Sakraments. «Kommunion» heisst ja «Gemeinschaft». Und deshalb sollte die Kommunion in den Händen jener liegen, die sich wirklich um die Gemeinschaft kümmern, egal ob es ein Mann oder eine Frau ist. Würde dies letztlich nicht darauf hinauslaufen, dass jeder Menschzum Priester geweiht werden kann? Also zum Beispiel eine Primarlehrerin oder ein Schreiner? Theoretisch ja. Allerdings finde ich schon, dass eine entsprechende Ausbildung nötig istund eine Persondazugeeignet sein muss. Man kann nicht einfach 2000-jährige Texte im Gottesdienst interpretieren und verkünden. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die Kenntnisse über die Hintergründe verlangt. Ich kann ja auch nicht plötzlich als Schreinerin arbeiten, ohne mich mit der Theorie und Praxis befasst zu haben. Bei einer kurzen Recherche vor diesem Interview habe ich mit grosser Überraschung festgestellt, dass Sie zehn Jahre lang im Kloster waren. Ja, ich war von 1992 bis Ende 2001 Mitglied der Benediktinerinnen in Seedorf. Warum dauerte es so lange, bis Sie einsahen, dass ein Leben im Zölibat auch nicht das Gelbe vomEiist? (lacht) Das ist eine sehr tendenziöse Fragestellung. Also… Es dauerte gar nicht so lange, bis ich das gemerkt habe – (überlegt). Ich ging damals ins Kloster,weil ich den Wunsch hatte, mich um die Sache Gottes zu kümmern. Ich wollte nachforschen, wer Gott ist, was Gott ist. Und ich hatte das Bedürfnis, dies nicht allein, sondern in einer Gemeinschaft zu tun.Zudem suchteich dieStille. Und der Preis für dieStille ist halt auch eine Totenstillebeim Thema Beziehung und Sex. Ich bin nicht ausgetreten, weil ich nicht mehr zölibatär leben wollte, sondern weil ich gemerkt habe, dass mir das Umfeld im Kloster zu eng wurde. Es fand keine Weiterentwicklung statt. Ich trat im jungen Alter von 22 Jahren ins Kloster ein. Für mich war und ist immer klar: Leben heisstBewegung und Veränderung. Im Kloster vermisste ich genau das. Damit meine ich nicht die geregelte Tagesstruktur, sondern das Denken –die Bewegung des Geistes sozusagen. Ich merkte, dass ichindieser Stagnation kaputtgehe. Nach zehn Jahren haben Sie das endlich gemerkt? Das hätte ich Ihnen schon nach einem TagimKloster sagen können... Nein, natürlichhabe ich das schon früher gespürt… (überlegt) Vielleicht kann man es sich so vorstellen: Wenn man in einer schwierigen Ehe ist, geht man auchnicht einfach plötzlich aus dem Haus sagt «Tschüss, das war′s!». Es ist ein längerer Prozess, beidem irgendwann der berühmte letzte Tropfen kommt und man endlich den Mut hat, etwas zu verändern. Es braucht viel Mutund Kraft, sich voneinem ursprünglichen Lebensentwurf zuverabschieden. Fürmich wareszudem wichtig, eine anderePerspektivezuhaben: Wie kann ich das, was ich ursprünglich leben wollte, in einem anderen Kontext weiterleben? Diese neue Perspektive fanden Sie im Studium der TheologieinLuzern. Genau. Wäre als Ordensschwester ein Studium nicht infrage gekommen?

Theoretisch schon. Aber die damalige Äbtissinmeinte, dass ich in die Küchegehöre. So ein Klosteraustritt ist kein Pappenstiel. Ist man danach in Katholikenkreisen eine Persona non grata? Mir war es wichtig, mit der Klostergemeinschaft nicht einfach zu brechen, sondern sie weiterhin besuchen zu dürfen und mit ihnen im Gespräch zu bleiben –auch wenn sienatürlich enttäuscht vonmeinem Austritt waren. Das Leben im Kloster war und ist ein wichtiger Teil in meinem Leben, obwohl nun schon 20 Jahrevergangen sind. Gibt esTage, an denen Sie aufwachen und denken: Heute hätte ich am liebsten gar nichts mitder Kirche zu tun? Nein, das ist mir noch nie passiert. Es gab höchstens Momente, in denen ich mich fragte, ob ich wirklich zudiesem «Verein» gehören möchte –etwa dann, wenn ich früher in Chur zu Besuch war und dort noch ein sehr konservativer Geist wehte. Als Frau wurde man da praktisch ignoriert. Unter Bischof Bonnemain hat sich das Klima verändert. Demut, Bescheidenheit, Liebe –solche Attribute gehören zu den wertvollsten Charakterzügen eines Menschen. Doch invielen Ecken der katholischen Kirche sieht man das Gegenteil. Dort stinkt es nach Eitelkeit, nach selbstherrlichem Auftreten und dogmatischem Habitus. Offen gesagt: Bei mir löst das Brechreiz aus. Bei Ihnen nicht? Auch ich habe mit gewissen Ansichten allergrösste Mühe. Doch wer inder Kirche Veränderungen anstossen möchte, braucht nun mal unendlich viel Geduld. Bischof Bonnemain hat nach seinem Amtsantritt einen Appell geäussert, an den ich immer wieder denke, weil er so simpel und gleichzeitig so wichtig ist. Er meinte, die katholische Kirche brauche vorallem eines: normale Menschen. Besser kann man es nicht sagen. (ve) www.seelsorgeraum-sarnen.ch Werist Chef –oderChefin? Traditionellerweise hat jede Kirchgemeinde einen Pfarrer,der nicht nur die«geistliche», sondern auch die operativeFührunginnehat. Ein Pfarrer ist nichts anderes alsein geweihter Priester,der dieLeitung einer Pfarreiübernimmt. Doch geweihtePriester, diedas Pensionsalter nochnichterreicht haben, sind bekanntlich Mangelware geworden.DeshalbgehenPfarreien neue Wege. Immer öfter sieht manander Spitze keinen«typischen» Pfarrer,sondern eine Person, diemit derLeitung beauftragtist. Wie man diese Person nennt,ist nicht klar festgelegt. In Kerns beispielsweise amtet Marianne Waltert alsPfarreibeauftragte – und damitfaktisch alsPfarreileiterin. Warum aber nennt man einePfarreibeauftragte wie Marianne Waltertoder eine Seelsorgeraumbeauftragte wie Gabriela Lischernicht einfach «Pfarrerin» oder wenigstens «Pfarreileiterin». Der Grund ist simpel: Die katholische Kirche hat Frauen jahrhundertelang für diesesAmt ausgeschlossen. Und nun weiss sie (noch) nicht so recht, wie man Frauen mit einer Pfarreileitung beauftragen kann, ohne das Kirchenrecht zu stark zu strapazieren –und ohne die konservativen Kreise zu brüskieren. Die Weihevon Frauengehörtseit vielen Jahrenzuden am kontroversesten diskutierten Themen in der katholischen Kirche. Tatsächlich wurden im Ausland bereits Frauen zu Priesterinnen geweiht–auch wennsie keine Chance hatten, dass der Vatikan sieals solche anerkennt. Besorgt, dass dieSchäfchen nach eigenem Gutdünkenneue Regeln aufstellen, hatder Vatikan dieversuchte Priesterweihevon Frauen als «schwerwiegendesDelikt» eingestuft. (ve)

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