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Aktuell Obwalden | KW24 | 16. Juni 2022

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Schutz der

Schutz der Mitarbeitenden bei den Strafverfolgungs- und Gerichtsbehörden. Vor allem die Leute in der Staatsanwaltschaft arbeiten direkt an der Front. Sie haben esmit Straftätern jeglicherCouleur zu tun, sind mit Ressentiments konfrontiertund wollen sich verständlicherweise nicht zu sehr exponieren. Entsteht der Eindruck des «Abgehobenseins» nicht auch dadurch, dass Juristen eine unmögliche Sprache sprechen? Im neuen Amtsbericht über die Rechtspflege steht zum Beispieldieser Satz: «Im Jugendstrafverfahren ist das Jugendgerichtspräsidium gemäss Art. 57b GOG zuständig für die Beurteilung von Anklagen im Anschluss an Einsprachen gegen Strafbefehle, welche Übertretungenzum Gegenstand haben.» Für Sie ist das ein normaler Satz. Für einfache Bürger ist es eine Plage. Jenny: Beim Gericht setzen wir alles daran, unser Handeln und unsereÜberlegungen verständlich zumachen, sei es im Briefverkehr oder in den Urteilen. In Obwalden haben wir zudem den Vorteil, dass wir nochüber Laienrichter verfügen. Wenn wir einen Urteilsentwurf vorlegen, müssen wir immer im Hinterkopf behalten, dass auch ein Laienrichter ihn versteht. Die Juristen stehen damit vor der Herausforderung, möglichst verständlich zu schreiben, damit Laienrichter die Überlegungen der Experten nachvollziehen können. Trotzdem bleibt eseine Tatsache: Jeder, der sich mit rechtlichen Fragen auseinandersetzt, ist gefordert. Man muss sich intensiv mit der Sache beschäftigen. Wir versuchen aber, unsere Urteile möglichst verständlich zu verfassen, lange Sätze zuvermeiden und kurz undprägnant zu schreiben. Kurz und prägnant? Jetzt übertreiben Sie. Jenny: (lacht) Es kommt auf den Einzelfall an. Zudem ist es Aufgabe der Anwälte, ihren Mandanten die Rechtsschriften zu erklären. Wie steht es mitder Transparenz bei diesem konkreten Beispiel, also mit dem Entscheid vom Mai 2019 über die Verfehlungen der Oberstaatsanwältin? Kann hier jeder Bürger beim Gericht anklopfen und die Herausgabe diesesEntscheids fordern? Jenny: Über die Herausgabe des Aufsichtsentscheids des Obergerichts ist auf Gesuch eines Gesuchstellers hin in einem rechtsstaatlichen Verfahren, in welchem die Rechte der Betroffenen,insbesonderedas rechtliche Gehör, gewahrt werden, befunden worden. Anschliessend... ...Moment bitte! Ich habe keine Ahnung, was Sie geradegesagt haben. Jenny: Also. Die Presse hat über den Fall berichtet. Eine Person hat danach das Gesuch gestellt, Einblickzuerhalten in den Entscheid des Obergerichts. Dann habe ich ein Verfahren eröffnet betreffend Akteneinsicht. Dabei müssen die Rechte der Betroffenen, in diesem Fall die Rechte der Oberstaatsanwältin, gewahrt werden. Die Oberstaatsanwältin konnte sich also zum Gesuch über die Akteneinsicht äussern. Am 10. Januar 2022 habe ich dann gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip und auf den Grundsatz der Justizöffentlichkeit das Gesuch um Akteneinsicht gutgeheissen. Kurz: Sie haben den Aufsichtsentscheid vomMai 2019herausgegeben. Jenny: Ja. Zuerst musste ich aber abwarten, ob mein Entscheid, die Akteneinsicht zu gewähren, ans Bundesgericht weitergezogen wird. Das ist aber nicht passiert. Das ist ja unglaublich kompliziert. Warum kann das Bundesgericht fast im Stundentakt seine Entscheide anonymisiert ins Internet stellen, während man bei einem kantonalen Gericht vorsolchen Hürden steht? Jenny: Hier handelte es sich nicht um ein öffentliches Gerichtsverfahren, sondern um einen Entscheid im Rahmen eines nicht öffentlichen Aufsichtsverfahrens. Bevor man

einen solchen Entscheid herausgibt, muss man eine sorgfältige Interessenabwägung vornehmen, zumal dieser Fall sehr aussergewöhnlich war. Die Entscheide des Bundesgerichts haben im Übrigen für die ganze Schweiz eine starke präjudizielle Wirkung. Deshalb ist es richtig, dass das Bundesgericht fast alle Urteile publiziert. Bei einem kantonalen Gericht ist das weniger der Fall. Unsere Urteile haben keine so grosse Bedeutung wie jene des Bundesgerichts. Wir publizieren nur Entscheide, bei denen wir das Gefühl haben, dass sie für die Öffentlichkeit vonInteresse sind. Darf der Gesuchsteller danach das Dokument an Drittpersonen weiterreichen, sodass dieses schliesslich –wie nun geschehen –bei einer Redaktion landet? Jenny: Was der Gesuchsteller mit dem Entscheid macht, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir können und wollen das nicht kontrollieren. Es ist aber unschön, dass das Dokument offenbar in die Hände von Personen gelangt ist, welche es anonym und verbunden mit Anschuldigungen an Ihre Redaktion weitergereicht haben. Amstad: Schade ist vor allem, dass nun der Eindruck entstanden ist, das Gericht habe diesen Entscheid unter Verschluss halten wollen. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Obwohl es sich um ein nicht öffentliches Verfahren handelte, hat das Gericht entschieden, den Entscheid herauszugeben. Jenny: Die Gerichte bemühen sich wie erwähnt um Transparenz. Indem wir diesen Entscheid anonymisiertund im vollen Wortlaut herausgegeben haben, erbringen wir ja gerade denTatbeweisfür dieses Bemühen. Amstad: Später hat der ausserordentliche Staatsanwalt umfassend über das Verfahren und das Strafurteil berichtet. Auch das Sicherheits- und Justizdepartement hat als administrativeAufsichtsbehörde immer das kommuniziert, was kommuniziert werden durfte. Wir haben nichts zu verstecken. (ve) Seit gut zwei Jahren im Amt Nachdem Rücktritt der Oberstaatsanwältin im Sommer 2019 führte ihr Stellvertreter Bernhard Schöni –mittlerweile pensioniert–ad interimdie Staatsanwaltschaft Obwalden. DerKantonsrat wählte im Oktober 2019 Tobias Reimann (Bild) als neuen Oberstaatsanwalt. Er trat sein Amt im Mai 2020 an.ErbetontimGespräch mit dem «aktuell», dass er bei seinem Start vorgut zwei Jahrennichtetwavor einem Scherbenhaufen gestanden sei,sondern eine gut funktionierendeStaatsanwaltschaft angetroffen habe. Der 48-jährige Jurist Tobias Reimann verhehltaber nicht,dassihm dieknappen Personalressourcen etwas Sorge bereiten. «Befristet haben wirbereitseine Aufstockung der Pensen erhalten.»Er hoffeaber, dass es dasBudget künftig zulässt, die Staatsanwaltschaft dauerhaft etwas aufzustocken. Tatsächlich zeigtsich mit Blick aufdie Personalsituation, dass dieObwaldner Staatsanwaltschaft alles andereals überdotiertist.Derzeitarbeiten acht Personen dort. ZumVergleich: Die Nidwaldner Staatsanwaltschaft hat25Mitarbeiter,in Uri sind es immerhin12. Wie Obergerichtspräsident Andreas Jenny findet es auch Oberstaatsanwalt Tobias Reimann schade, dass die Justiz- und Strafverfolgungsbehörden teils alsundurchsichtige Apparate wahrgenommen werden. «Im Gegensatz zu Gerichtsverhandlungen sind laufende Strafverfahren nicht öffentlich», betont er.Trotzdem setze auch die Staatsanwaltschaft alles daran, «möglichst bürgernah» zu sein. (ve)

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