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Aktuell Obwalden | KW13 | 31. März 2022

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AKTUELL IM ARCHIV

AKTUELL IM ARCHIV WievielAnonymität darfsein? Vor40Jahren debattierte der Kantonsrat über ein ungewöhnliches Geschäft. Im Mittelpunkt standenverschiedene Inserate im Amtsblatt. Das Phänomen kenntman nur allzu gut aus den sozialen Medien und Kommentaren im Internet: Sind Menschen in den Mantel der Anonymität gehüllt, fallen die Hemmschwellen –inkognito schreibt es sich ganz ungeniert. Neu ist das Phänomen natürlich nicht. Mitder Frage, ob Printmedien anonyme Meinungsäusserungen abdrucken sollen oder nicht, beschäftigte man sich schon vorJahrzehnten. Sogar im Kantonsrat kam das Themaauf den Tisch, und zwar vor genau 40 Jahren. Stein des Anstosses waren anonyme Inserate im Amtsblatt. Die Unsitte hatte zwei Jahre zuvor ihren Höhepunkt erreicht, als in Kerns die Abstimmung über das Frauenstimmrecht auf Gemeindeebene anstand. (Zur Erinnerung: Kerns war damals die einzige Obwaldner Gemeinde, die das Frauenstimmrecht noch nicht eingeführt hatte.) Auf der rechten Seite sind vier Inserate abgedruckt, die damals, im Herbst 1980, im Amtsblatt erschienen sind. Und die Absender? Ein Inserat für das Frauenstimmrecht ist beispielsweise mit «d'Fraiwä vo Chärns» unterzeichnet, ein Inserat gegen das Stimmrecht mit «Frauen und Mütter von Kerns». Unschwer zu erkennen: Der Leser hat keine Ahnung, wer der tatsächliche Urheber des Inserats ist. Dies stiess dem Kernser Kantonsrat Hugo Herzog sauer auf. Er forderte in einem Postulat, dass künftig keine politischen Inserate im Amtsblatt erscheinen, wenn die Urheberschaft nicht klar deklariert ist. Das Parlament erklärte das Postulat im Februar 1981 als erheblich, und die Regierung erliess in der Folge eine provisorische Weisung mit sofortiger Wirkung: Inserate müssen «die Unterschrift einer verantwortlichen Person oder einer rechtlich konstituierten Vereinigungenthalten». Regierung befürwortete Anonymität Ein Jahr später ging es um die Frage, ob die provisorische Weisung zu einem Gesetz geschmiedet werden soll. Überraschung: Die Regierung sprach sich dagegen aus. (Randbemerkung: wohl nicht ganz uneigennützig, denn schliesslich bringen Inserate dem Kanton auch Geld.) Der Regierungsrat argumentierte folgendermassen: «Wirerachten daher anonyme politische Inserate, welche weder ehrverletzend noch polemisch sind, nach wie vor als der politischen Meinungsbildung fördernd. In ihnen kann ein leichtes Korrektiv erblickt werden, welches die Nachteile der persönlichen Verketzerung bei unseren Verhältnissen, wo jeder Bürger noch jeden kennt,ausgleicht.» Im Klartext: In einem kleinen Kanton, woAnonymität kaum möglich ist, sollen wenigstens in Inseraten anonyme Aussagen gemacht werden dürfen, ohne Anfeindungen befürchten zu müssen. Der Kantonsrat war anderer Meinung, allerdings scheute auch er sich noch davor, Nägel mit Köpfen zu machen. Man entschied sich für eine weitere einjährige «Probezeit» ohne anonyme Inserate. Es

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