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Aktuell Obwalden | KW05 | 3. Februar 2022

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AKTUELL INTERVIEW

AKTUELL INTERVIEW «16Stunden waren dieNorm» Nachfast 30 Jahren gibt Mario Büttler sein Amt als Kantonsarzt ab. Jetzt können wir ihn fragen: Handeln wir klug oderspinnen wir? Schon vor einem Jahr hätte er aufhören wollen. Doch die Pandemie und die lange Suche nach einem Nachfolger haben ihn davon abgehalten, die Füsse hochzulegen. Nun kann der Kernser Mario Büttler endlich seinen Ruhestand aufgleisen. Per 1.Mai übergibt er auch seine Hausarztpraxis an eine Nachfolgerin. Zeit für einen Rückblick. Mario Büttler, gab es in den vergangenen zwei Jahren einen Tag, an dem Sie nicht über Corona gesprochen haben? Nein, den gab es nicht. Nicht mal in den Ferien. Man hat sich täglich damit beschäftigt. Dazu noch eine Hausarztpraxis zu führen, war schon ein riesiger Spagat, eine grosse Herausforderung. Zwei Jahre lang waren 16-Stunden-Arbeitstage für mich die Norm. Die Aufgaben eines Kantonsarztes unterscheiden sich je nach Kanton. Was waren Ihre Hauptaufgaben in Obwalden? Im weitesten Sinn wirkte ich als Berater der Regierung in medizinischen Fragen. Das ist die eigentliche Kernaufgabe eines Kantonsarztes. Während der Pandemie wirkte ich im Kanton bei der Umsetzung des Epidemiengesetzes mit. Ich war eine Art verlängerter Armdes Bundesamtes für Gesundheit. Und im Normalfall,ohnePandemie? Zum einen muss ein Kantonsarzt unter viele Beschlüsse seine Unterschrift setzen, beispielsweise bei den Grundlagen für die Substitutionstherapie, unter die Bewilligungen zur Methadontherapie. Meine Unterschrift brauchte es auch für Kostengutsprachen bei ausserkantonalen Hospitalisationen, ich führte die Verkehrseignungsuntersuchungen für besondere Fälle durch und war Vertrauensarzt der kantonalen Verwaltung, der Staatsanwaltschaft und der Gerichte. Der Kantonsarzt hat weiter Aufgaben in der Schulgesundheit, bei den medizinischen Berufsausübungsbewilligungen und er hat eine Aufsichtsfunktion für die Gesundheitsberufe. Tönt schrecklich langweilig. Vieles ist Administration, trotzdem ist eine Aufgabe in der öffentlichen Gesundheit eine interessante Arbeit –esbraucht Kenntnisse in Gesundheitsrecht, Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik. Dazu kommt: Der Kantonsarzt ist auch Amtsarzt. Als solcher ist er immer im Einsatz, wenn es zu einem sogenannten agT kommt, einem aussergewöhnlichen Todesfall –sei es ein Bergunglück, ein Hausbrand, ein Leichenfund, ein Suizid. Da erlebtman immer wieder Situationen, die man nicht als Routine abhaken kann und die einem nahegehen. Das bringt auch einen Arztemotional an die Grenzen. «Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.» Beschreibt dieses Sprichwort die Situation, in der Sie als Kantonsarzt während der Pandemiewaren?

(lacht) Ja. Eineperfekte Umschreibung. Der Kernser MarioBüttler arbeitete knapp 30 Jahre lang als Kantonsarzt. Ich erinnere mich noch genau an eine klare Ansage vor eineinhalb Jahren: Sobald Senioren und Risikopatienten mit einer Impfung geschützt sind, ist das Thema Corona erledigt. Dieses Ziel ist längst erreicht. Hand aufs Herz: Haben wir nicht übertrieben mit Vorsichtsmassnahmen, Contact-Tracingund dem ganzen «Impftheater»? Eine schwierige Frage. Meinen Sie, dass wir zu sehr «schwarzgemalt»haben? Vielleicht ein Stück weit, ja. Impfungen für Fünfjährige? MaskenimKlassenzimmer? Ist das wirklichnötig? Ich bin überzeugt, dass die Massnahmen, gerade auch das Maskentragen, sinnvoll waren und weiterhin sinnvoll sind. In Obwalden habe ich mit dieser Meinung einen etwas schweren Stand, das ist mir bewusst. Als Mediziner ist es meine Aufgabe, die Bevölkerung bestmöglich zu schützen. Dazu habe ich in einer Pandemie, welche durch Tröpfchen von Mensch zu Mensch übertragen wird, drei wesentliche Mittel: Distanz halten, Masken tragen und eine Impfung. Deren Nutzen sieht man jetzt: Der verletzliche Teil der Bevölkerung, die kranken und älteren Personen, werden weniger krank. Dass jüngereMenschen zwar infiziert, aber kaum schwer krank werden, war niemals vorauszusehen. Wir waren vor zwei Jahren plötzlich mit einem neuen Virus konfrontiert, dessen Auswirkungen niemand genau kannte.

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