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Aktuell Obwalden 19-2016

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Text Staatsarchiv Obwalden Das Weisse Buch von Sarnen im Staatsarchiv Obwalden Die Geschichte von Wilhelm Tell sowie die Geschichte von der Entstehung der Eidgenossenschaft sind eng mit Sarnen verbunden. Viel enger als es der Inhalt der Geschichten zunächst erahnen lässt. Landschreiber Hans Schriber – Autor des Weissen Buches Die älteste heute noch überlieferte schriftliche Aufzeichnung der Gründungsgeschichte der Eidgenossenschaft mit dem Rütlischwur, der Tellsgeschichte und der Vertreibung der Habsburger aus der Innerschweiz wurde im Weissen Buch von Sarnen niedergeschrieben. Angelegt wurde das Buch ungefähr in den Jahren 1470-1474 vom damaligen Landschreiber Hans Schriber in Sarnen. Schriber stammte vermutlich aus Engelberg, wo er wahrscheinlich im Kloster lesen und schreiben gelernt hatte. Die Fähigkeit lesen und schreiben zu können, beherrschten vor rund 600 Jahren ausserhalb der Klöster nur wenige Menschen. Dieser Fähigkeit verdankte Hans Schriber seinen Namen und seine von 1435/36 bis zu seinem Tod 1478/79 dauernde Anstellung als Landschreiber des Standes Unterwalden ob dem Wald. Bei dem von ihm angelegten Weissen Buch von Sarnen handelt es sich eigentlich um ein sogenanntes Kopialbuch. In dieses Kopialbuch wurden vom Landschreiber wichtige Verträge und Urkunden abgeschrieben, die der Stand Unterwalden ob dem Wald mit Vertragspartnern abgeschlossen hatte.Es wurde vom Landschreiber für die tägliche Kanzleiarbeit gebraucht und diente auch als Sicherungskopie für den Fall, dass die originalen Verträge und Urkunden verloren gingen oder beispielsweise einem Brand zum Opfer fielen. Bis heute ist nicht klar, woher das Weisse Buch von Sarnen seinen Namen hat. Eine Annahme ist, dass der Name vom ursprünglich hellen Schweinsledereinband des Buches abgeleitet wurde. Das Weisse Buch von Sarnen und der Gründungsmythos der Eidgenossenschaft Seine Bekanntheit und historische Bedeutung verdankt das Buch aber nicht den auf rund 440 Seiten festgehaltenen Abschriften von Verträgen und Urkunden,sondern der viel kürzeren auf rund 25 Seiten festgehaltenen chronikalischen Erzählung vom sagenhaften Ursprung der schweizerischen Eidgenossenschaft. Hans Schriber berichtet darin unter anderem von der Herkunft und Urfreiheit der Urner, Schwyzer und Unterwaldner, von der Unterdrückung der habsburgischen Vögte gegenüber der Innerschweizer Bevölkerung, der Gründung des Widerstandsbundes der Urner, Schwyzer und Unterwaldner beim Rütlischwur, der Vertreibung der habsburgischen Vögte und Zerstörung ihrer Burgen und von der Entstehung der achtörtigen Eidgenossenschaft. Im chronikalischen Teil des Weissen Buches ist erstmals auch die Geschichte von Wilhelm Tell mit Apfelschuss, Sprung aus dem Schiff auf die Tellsplatte und der anschliessenden Ermordung Gesslers in der Hohlen Gasse schriftlich überliefert. Auf welche Quellen sich Hans Schriber bei seiner Erzählung gestützt hat, ist bis heute nicht restlos geklärt. Mit durchaus literarischem Anspruch entwirft Hans Schriber im Weissen Buch einen zusammenhängenden Gründungsmythos der schweizerischen Eidgenossenschaft als Befreiungsgeschichte von der habsburgischen Unterdrückung. Dieses Geschichtsbild einer Eidgenossenschaft, die sich Gemeinderubrik Sarnen

zusammenschliesst um die Unterdrückung durch tyrannische fremde Herrscher abzuschütteln, wurde später von anderen Geschichtsschreibern und Autoren aufgegriffen, so zum Beispiel von Petermann Etterlin und Ägidius Tschudi im 16. Jahrhundert oder von Friedrich Schiller im 19. Jahrhundert. Der Gründungsmythos der Eidgenossenschaft beeinflusst das schweizerische Geschichtsbewusstsein bis heute und wird immer noch kontrovers diskutiert. Das Weisse Buch selbst geriet über die Jahrhunderte in Vergessenheit und wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts im Hexenturm von Sarnen vom damaligen Zürcher Staatsarchivar Gerold Meyer von Knonau wiederentdeckt und in seiner historischen Bedeutung erkannt. Der Gründungsmythos der Schweiz und vor allem die Tellsgeschichte waren inzwischen in der der ganzen Schweiz bekannt und die Wiederentdeckung des Weissen Buchs von Sarnen sorgte für viel Aufsehen. Das Weisse Buch von Sarnen im Hexenturm Heute wird das Weisse Buch von Sarnen vom Staatsarchiv Obwalden im Hexenturm in Sarnen aufbewahrt. Das Weisse Buch und der Hexenturm teilen sich aber noch eine Geschichte. Im Weissen Buch wird nämlich die angeblich im 14.Jahrhunderterfolgte Eroberung des Hexenturms durch die Eidgenossen und die Vertreibung der darin wohnenden fremden Herren beschrieben: Anlässlich eines Weihnachtsfestes mussten die Einwohner von Sarnen ihrem strengen und gierigen Vogt Geschenke in den Hexenturm bringen. Sie beschlossen mit Stöcken bewaffnet in den Turm zu gehen und dortdie Eingangstür offen zu halten, damit weitere Helfer in den Turm stürmen konnten. Als ihnen dies gelungen war, bliesen sie in ein Horn und der Vogt, welcher sich zu diesem Zeitpunkt in der Kirche befand, floh aus dem Land. Ob die Geschichte stimmt oder nicht, lässt sich heute nicht mehr sagen. Belegt ist aber, dass der 1285/86 gebaute Turm, der ursprünglich als Wohn- und Amtssitz des Rittergeschlechts der Kellner von Sarnen genutzt wurde, im Jahr 1315 in den Besitz des Standes Unterwalden ob dem Wald überging. Er verlor seine ursprüngliche Funktion als Wohnturm und diente seit dem 15. Jahrhundert als Gefängnis, Archiv, Aufbewahrungsort des Staatsschatzes, Pulverlager und als Museum. Aus seiner Zeit als Gefängnis hat der Turm auch seine Bezeichnung als „Hexenturm“ behalten. Angeblich wurden im Turm der Hexerei bezichtigte Menschen festgehalten, verhört und gefoltert. Im Verlauf des 19. und 20.Jahrhunderts wurde stark in die Bausubstanz des Turmes eingegriffen. Die ursprüngliche Stockwerkeinteilung wurde verändert, die Eingangstür ins Parterre verlegt und grosse Fenster in die Turmfassade geschlagen. 1985/86 wurde der Turm schliesslich für die Archivnutzung eingerichtet und die früheren Eingriffe in die ursprüngliche Bausubstanz wurden, soweit möglich und sinnvoll, rückgeführt. Das Weisse Buch live im Hexenturm und im Internet Um Beschädigungen zu verhindern, kann das Weisse Buch im Staatsarchiv nur bei Archivführungen im Hexenturm betrachtet werden. Gruppenführungen im Hexenturm mit Besichtigung des Weissen Buches können mit dem Staatsarchiv vereinbartwerden. Zwei kostenlose öffentliche Führungen sind für den 23. und 28. Juni 2016 geplant. Die genauen Zeiten und Anmeldungsmodalitäten werden auf der Internetseite des Staatsarchivs www.staatsarchiv.ow.ch und im Veranstaltungskalender des Aktuell publiziert. Wer das Weisse Buch ganz durchblättern möchte, kann dies bequem von zuhause aus im Internet tun. Es wurde komplett digitalisiert und kann unter folgender Adresse angeschaut werden: http:// www.e-codices.unifr.ch/de/ list/one/staow/A02CHR0003 Gemeinderubrik Sarnen

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