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46-2021 Aktuell Obwalden

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AKTUELL UNTERWEGS

AKTUELL UNTERWEGS Diespäte Reue eines Langfingers In den 1970er-Jahren ist es im Historischen Museum in Sarnen zu einem Diebstahl gekommen.Gemerkt hat das niemand –bis derDieb sichfast ein halbes Jahrhundertspätermeldete und zu Kreuzekroch. Klara Spichtig, achtsame Hüterin über die Sammlung des Historischen Museums, staunte nicht schlecht, als sie eines Tages Post aus dem Kanton St. Gallen bekam. Ein Herr imfortgeschrittenen Alter schickte dem Museum eine 20-Schilling-Silbermünze von 1791 und eine Bruder-Klaus-Medaille von 1887. Etwa eine Schenkung? Oder ein Verkaufsangebot? Nein.Der Mann schrieb in seinem Begleitbrief, es handle sich um eine «Rückgabe». Und er erklärt die Sache folgendermassen: Im «Anflug eines jugendlichen Leichtsinns» habe er vor langer Zeit «eine Zürcher Silbermünze sowie ein Gedenkmedaillon zum 400-Jahr-Jubiläum von Bruder Klaus mitlaufen lassen, wofür ich mich aufrichtig entschuldige». «DemBeichtvater habe ich die Angelegenheit unlängst anvertraut und ihm versprochen, die Münzeund das Medaillon zurückzugeben.» Die «Gunst» der Stunde genutzt Der Mann –ergibt sich im Brief mit Namen und Adresse zu erkennen –sei damals im Rahmen einer Führung für Schulklassen im Museum zu Besuch gewesen, sagt Klara Spichtig. Warum sie das weiss? «Ganz einfach: Ich habe ihn angerufen und nachgefragt.» In einer offenen Schublade bewahrte das Museum damals ungeordnet verschiedene Münzen und Medaillen auf. «Wirklich wertvolle Exemplare hatte es kaum in dieser Schublade», sagt Klara Spichtig. Der pensionierte Mann aus St.Gallen habe seinerzeit als Schüler einfach in diese Schublade gegriffen und wahllos zwei Münzen mitgehen lassen.«Er erzählte mir, dass er die Gunst der Stunde genutzt habe, als ein Museumsmitarbeiter die Schulklasse kurz aus den Augen lassen musste, weil es an der Türklingelte.» In seinem Brief schreibt derSankt Galler weiter, weshalb er nun, Jahrzehnte später, die Münze und die Medaille zurückgeben möchte: «Da ich nun vorgerückteren Alters bin und die beiden Kulturgüter inmeinen sieben Sachen wieder zum Vorschein gekommen sind, möchte ich die Sache in Ordnung bringen, insbesondere auch in meinem Gewissen.» Er habe sogar seinem Beichtvater «die Angelegenheit unlängst anvertraut und ihm versprochen, die Münze und das Medaillon zurückzugeben». KlaraSpichtig schmunzelt, wenn sie den Brief liest –erst recht über den letzten Abschnitt. Hier schreibt der Mann nämlich, dass er als pensionierter Sekundarlehrer, Ortshistoriker und Archivar sehr wohl um

Wiederwohlbehütet im Museum: die 20-Schilling-Münzeund das Bruder-Klaus-Medaillon. (Bild: ve) die Bedeutung von lokalen Kulturgütern wisse. Und dass er hoffe, für sein damaliges Vergehen «vor Gott Sühne geleistet zu haben, indem ich ehrenamtlich und unter nicht geringem Zeitaufwand einige Kulturgüter vor der Beseitigung oder vor dem Zerfall zubewahren geholfen habe». DerWerthält sich in Grenzen Klara Spichtig hat den pensionierten Langfinger nun wegen Diebstahls bei der Polizei angezeigt. Sie lacht. Stimmt natürlich nicht. Ohnehin wäre die Straftat längst verjährt. «Ich habe ihm zwei Museumseintritte geschenkt.» Ob er von diesem Angebot jemals Gebrauch gemacht hat–oder noch machen wird –bleibt wohl ein Rätsel. «Ich weiss ja nicht, wie er aussieht.» Klar: Im Nachhinein kann man über diese Geschichte schmunzeln. Dennoch ist es für das Museumsteam ein Fingerzeig, dass auch in einem kantonalen Museum –üblicherweise kein Treffpunkt für Ganoven –auch mal etwas wegkommen kann, wenn man nicht aufpasst. Sie habe, so erzählt Klara Spichtig weiter, kurz im Internet recherchiert, was die Münze und die Medaille wert sein könnten. «Wir sprechen hier vielleicht von einem dreistelligen Betrag.» Hätten der Dieb die Beute auf dem Schwarzmarkt verkaufen wollen, wäre erdamit sicher nicht reich geworden. Vielleicht hat er das selbst herausgefunden und erst dann die Beute zurück ans Museum geschickt? Nun, unter diesen Verdacht wollen wir den reuigen Mann gewiss nicht stellen... (ve)

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