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39-2021 Aktuell Obwalden

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Landschreiber Rudolf

Landschreiber Rudolf Gasser in einer Gefängniszelle der kantonalen Strafanstalt in Sarnen. In dieser Zelle hatte Hans Vollenweider auf seine Hinrichtung gewartet. (Foto: Comet-PhotoAG, Zürich. Staatsarchiv-Signatur: D.03.0076.01.01) Krippenfiguraus Gipssitzen–und rief natürlich diePolizei, bevorersich ins Auto setzte. Einbruch und Raub: Folgen der Armut In der Strafanstalt in Sarnen sassen auch Schwerverbrecher. Einer davon war beispielsweise der Knecht Jakob Anderhalden. Er hatte seinen Meister, den Sachsler LandwirtKarl Omlin, in einem Wutanfall und stark alkoholisiertmit einem Revolver in den Kopf geschossen. Dennoch waren Mörder selten. Ein grosser Teil der über 100 Häftlinge in den 1920er-Jahren sass wegen Einbruchs und Raubs im Knast. In dieser Zeit kamen übrigens erste elektrische Alarmanlagen in Mode. Eine solche hatte der Wirt der Krone Sarnen vor seiner Räucherkammer installiert, weil immer wieder Fleisch weggekommen war. Tatsächlich schrillte dann eines Nachts der Alarm, als ein Mann aus Engelberg ein grosses Stück geräucherten Schinken klauen wollte. Den herbeieilenden Polizisten wollte der Dieb mit einem Sprung in die Sarneraa entkommen. Ohne Erfolg. Er landete pflotschnass im Gefängnis. Ein grosser Erfolg war ein Aufruf in der Zeitung vor Weihnachten 1936: Man möge doch bitte Bücher, die man nicht mehr benötige, der Strafanstaltsbibliothek zur Ver-

fügung stellen, damit sich die Häftlinge über die Festtage nicht so schrecklich langweilen. Was folgte, war eine wahre Bücherflut fürs Gefängnis. AmWeihnachtsabend sassen die Häftlinge dann um ein geliehenes Grammophon, sangen Weihnachtslieder und freuten sich über neuen Lesestoff –so zumindest schilderte es die Gefängnisleitung gegenüber der Öffentlichkeit. Lohnt sich ein eigenes Gefängnis? Der weitaus «berühmteste» Insasse der Strafanstalt in Sarnen war natürlich Hans Vollenweider, über den wir hier schon verschiedentlich berichtet haben. Für ihn galten besondereSicherheitsvorkehrungen. Im Oktober 1940 wurde Vollenweider imGefängnis mit der Guillotine hingerichtet. Im Zuge des neuen Strafgesetzes, das auf eidgenössischer Ebene eingeführt wordenwar,ergaben sich auch bedeutende Änderungen im Strafvollzug. 1945 wurde deshalb im Kantonsrat diskutiert, ob der Kanton Obwalden in einen nötigen Ausbau des Gefängnisses investieren soll oder obHäftlinge ihre Strafe nicht besser ausserkantonal absitzen sollen –so, wie das beispielsweise Nidwalden handhabte. Der Bund entschied dann, Geld zu sprechen für den Aus- und Umbau von kantonalen Gefängnissen, damit kleinere Strafanstalten wie jene in Sarnen nicht aus Sorge vorhohen Investitionen die Türenschlossen. « In seiner letzten Sitzung beschloss der Obwaldner Kantonsrat die Aufhebung der kantonalen Strafanstalt in Sarnen auf Ende 1955. Es waren vor allem zwei Gründe, welche den Behörden diesen Beschluss nahelegten: einmal verlangt das neue Schweizerische Strafgesetzbuch die getrennte Unterbringung von Verwahrungsgefangenen, Gefängnis- und Zuchthaussträflingen, was in der Obwaldner Strafanstalt nicht möglich ist. Zum anderen führte die neuzeitliche humanere Gerichtspraxis dazu, dass die Frequenz der Anstalt ständig abnahm. Dieser Tage verurteilte das Kantonsgericht eine Kindsmörderin zu acht Monaten bedingt. Das gleiche Vergehen wärevor Jahren in Obwalden mit zwei Jahren Zuchthaus gebüsst worden. Früher hatte die Strafanstalt durchschnittlich 10 bis 12 Insassen. Dieses Frühjahr sank die Frequenz auf sechs und ging bis im Herbstauf einen Insassen zurück. Die Behörden sahen nun ein, dass ein solcher Ein-Mann-Betrieb nicht rentiert. » (Obwaldner Volksfreund, 19. Nov. 1955) Mit dem Velo des Direktors abgehauen Dass Änderungen im Strafvollzug wohl nötig waren, zeigt eine weitere Episode aus dem Jahr 1945: Ein Häftlingfragte den Gefängnisdirektor, oberdessen Velo ausleihen dürfe, um «eine Fahrt ins Blaue» zu unternehmen. Der Direktor, offenbar ein grossherziger Mann, erlaubtedies. Ob er sich wirklich wunderte, dass er weder den Häftling noch sein Velo jemals wieder zu Gesicht bekam? (Gut möglich, dass der Gefängnisdirektor mehr daran zu nagen hatte, dass er einen unterirdisch schlechten Lohn für seine Arbeit erhielt. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass die Gefängnisköchin vier Mal mehr verdiente als der Direktor.) 1955 entschied der Kantonsrat, die Strafanstalt zu schliessen (siehe Meldung oben im Wortlaut). Fortan, bis 1977, diente das Haus nur noch als Untersuchungsgefängnis. Weil genügend Platz vorhanden war, wurden auch andere kantonale Einrichtungen hierhin verlegt, beispielsweise die Motorfahrzeugkontrolle. (Das heutige Polizeigebäude Foribach wurde erst 1975 gebaut und 1976 bezogen.) 1984 wurde die alte Strafanstalt – zufälligerweise genau 100 Jahrenach dem Bau –abgerissen. (ve)

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