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31-2021 Aktuell Obwalden

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AKTUELL PERSÖNLICH Nah

AKTUELL PERSÖNLICH Nah am Wasser gebaut DieBewohnerder «Hess-Häuser» am Spitalmattenweg kommen immer als erste dran,wenn die Sarneraa steigt. ÜberGummistiefel, Luftentfeuchterund die Nutzlosigkeit vonWasserpumpen. Jammern wolle sie keinesfalls, stellt die 75-jährige Heidi Hepp-Hess aus Sarnen gleich zu Beginn des Gesprächs klar. Gerade mit Blick auf die Unwetterschäden in Deutschland sagt sie: «So schlimm hat es uns nie getroffen.» Und doch gibt es kaum eine Familie in Obwalden, die schon so oft mit Gummistiefeln im eigenen Heim unterwegs war wie die Bewohner der Liegenschaften am Spitalmattenweg 1und 3direkt an der Sarneraa. Vor knapp vier Wochen war es wiedereinmal so weit. Etwa 30 Zentimeter hoch stand das Wasser im Parterre. Heidi und ihre Schwester Vreni Flüeler-Hess wissen jeweils genau, was zu tun ist, wenn der Fluss über die Ufer tritt: die Türen imParterre aushängen und in den ersten Stock tragen, Holzkisten und anderen Hausrat nach oben schleppen, die Kakteen im Garten wegräumen. Glücklicherweise erhalten sie dabei jeweils Hilfe vonihren erwachsenen Kindern. Bei unserem Besuch sieht man noch die dunklen Ränder des letzten Hochwassers. In jedem Raum imParterre dröhnt ein Luftentfeuchter. Bewohnt ist im Erdgeschoss nur ein kleines Studio. Dessen Mieter ist in der Zwischenzeit woanders untergekommen. Hochwasser im August 2005: Die beiden «Hess-Häuser» amSpitalmattenweg 1(links) und 3.

Blickins Hochwasser-Album: Heidi Hepp-Hess (links) mit Grosskind Nils und Schwester Vreni Flüeler-Hess. Die restlichen Räume dienen als Lager und Waschküche. «Ein Untergeschoss gibt es glücklicherweise nicht», sagt Heidi schmunzelnd. «Das wäre jawahnsinnig an diesem Ort.» Gebaut hat das Haus amSpitalmattenweg 3ihr Urgrossvater Melchior Hess. 1859 kaufte er das Land von der Regierung. Davor stand hier mehr als 150 Jahre lang der alte Spittel –deshalb heisst das Gebiet Spitalmatte.Melchior Hess wusste natürlich um die Gefahren, nah am Wasser zu bauen. Doch die Nähe zum Fluss hatte einen entscheidenden Vorteil: Das Wasser trieb seine neue Sägerei an. In späteren Jahren betrieb die FamilieHess hier eine Mosterei. Fürdie Kinder war es oft eine Freude Tempi passati –die Hess-Liegenschaften profitieren längst nicht mehr von der Wasserkraft. «Es stand für uns trotzdem nie zur Diskussion, wegzuziehen», sagen Heidi und Vreni. «Wir sindhier aufgewachsen und wissen, dass die Sarneraa ab und zu durchs Haus fliesst.» Heidi erinnert sich daran, wie sie als Kind alte Holzschubladen mit Kitt abdichtete, sich hineinsetzte und mit grösster Wonne darin ums Haus paddelte. Auch heute haben die Grosskinder der beiden Frauen ihren Spass, wenn sie im Garten herumplanschen können. Grosse Gefahr droht nämlich nie. Im Gegensatz zu den Bergbächen –man erinnert sich etwa an Sachseln im Jahr 1997 –schwillt die Sarneraa nicht einfach von einer Minute auf die andere zur verheerenden und alles mit sich reissenden Flutwelle an. Der Fluss lässt sich Zeit: beim Steigen und auch beim Sinken. Ebenfalls längst gewöhnt haben sich Heidi und Vreni an die Tatsache, dass ihr Haus bei Hochwasser ein beliebtes Fotosujet ist. Nur ein Jahr gab es, in dem definitiv allen das Lachen verging und auch die höchsten Gummistiefel nichts mehr nützten. Mehr als eine Woche steckten sie im August 2005 im Haus fest. Kanufahrer brachten ihnen Speis und Trank. Problemlos und fast auf

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