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05-2021 Aktuell Obwalden

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AKTUELL PERSÖNLICH Mit drei Beinen voll im Leben DerGedankeaneine Amputation lässt uns erschaudern. Bei Pädi Ifanger war das anders. Wenige Stunden, bevorihm die Ärzte den rechten Unterschenkel entfernten, war er entspannt. Und glücklich. Stellen Sie sich vor, jemand knallt mit voller Wucht eine Autotür zu, während Sie IhreFingernoch dazwischen haben. Allein der Gedanke daran lässt die HaarezuBerge stehen. «SolcheSchmerzen hatte ich am Fuss. Und das zwei Jahrelang, 24 Stundenpro Tag.» Nacheinem Unfall im Jahr 2015 fand der Kernser Patrik Ifanger kaum noch Lebensfreude. Er hatte sich beim Aufbau eines Festzelts verschiedene Brüche am rechten Bein zugezogen. Trotz mehreren Operationen und noch mehr Besu- Der Kernser Pädi Ifanger (49) zeigt seine Sportprothese (pink) und die Prothese für den Alltag.

chen bei Ärzten verheilten die Verletzungen nicht. Zwei Jahre lang war der Familienvater auf Krücken angewiesen. «Und auch damit fühlte sich derFuss ständig so an, als würde jemand einen Nagel reinschlagen.» Die ständigen Schmerzen begleiteten ihn auch inseinem Beruf als Netzelektriker und Verkaufsingenieur im Aussendienst. Ein Bürojob kam für den bewegungsfreudigen Kernser ohnehin nie in Frage. Erbiss auf die Zähne.Tag und Nacht. KlareAnsage eines Berglers Trotz seines immensen Durchhaltewillens: Der Schmerz zermürbte ihn, zumal ihm kein Arzt versichern konnte, dass er jemals wieder schmerzfrei sein würde. Ifanger dachte laut über eine Amputation nach. Doch an diese UltimaRatio wollte sich kein Mediziner wagen –auch aus rechtlichen Gründen. Bis Pädi Ifanger eines Tages vor einem Orthopäden in Basel stand und sagte: «Entweder amputiert mir endlich jemand das Bein oder ich kümmere mich selbst darum.» Auf juristischem Weg kämpfte er für die Amputation. Mit Erfolg: Am 19. April 2017 schob man Patrik Ifanger in den Operationssaal. Machte ihm der Gedanke Angst, bald keinen Unterschenkel mehr zu haben? «Ich war tief entspannt und glücklich. Am liebsten hätte ich eine Teilnarkose gehabt, um bei der Operation zuschauen zu können.» Das Ärzteteam habe ihm diesen Wunsch aber nicht erfüllt, wie Patrik Ifanger schelmisch grinsend erzählt. 20 Stunden Training proWoche Fünfeinhalb Stunden dauerte die Operation. Aufden anschliessenden Aufenthalt in einer Reha-Klinik verzichtete er. «Ich bin Bergler. Gesund werde ich daheim.» Zwei Monate später erhielt er seine erste Prothese. Ein halbes Jahr nach der Amputation drehte er «Es fühlte sichständig so an, als würde jemand einen Nagel reinschlagen.» Pädi Ifanger in Aktion auf der Indoor-Bahn. seine ersten Runden mit dem Rennvelo auf einer Indoor-Bahn in Grenchen. «Ich war sofort fasziniert vom Bahnsport», blickt Patrik Ifanger zurück. «Fasziniert» heisst in der Sprache des Kernsers: wie ein Verrückter trainieren –daheim, draussen, auf der Bahn in Grenchen. Halbe Sachen mag er nicht. Mittlerweile ist erals Para-Cycling-Bahnfahrerauf Kurzstrecken eine festeGrösse in der Szene, Mitglied des Eliteteams und trainiert mit den schnellsten Schweizer Bahnradsportlern. Im Para-Cycling auf 200 Meter gehört erinseiner Kategorie gar zur Weltspitze. Auch auf 1000 Meter fährterregelmässigTop-Zeiten. Rund 20 Stunden trainiert erpro Woche. Wohlgemerkt:all dies neben seinem 80-Prozent-Job als Netzelektriker und Verkaufsingenieur. Auch wenn derzeit wegen Corona die Trainingsmöglichkeiten auf der Bahn eingeschränkt sind, arbeitet Pädi Ifanger auf sein grosses Ziel hin: Die Teilnahme an den Paralympics in Tokio im August und September dieses Jahres. Via Crowdfunding hat er Anfang Jahr noch einen finanziellen Zustupf erhalten für Ausrüstung und Trainings. Für ihn ist klar: Seine Leistungen und Willenskraft sind das Ergebnis eines zweijährigen Martyriums voller Schmerzen. Nun aber, mit einem Bein weniger, kann ihn nichts mehr aufhalten. (ve) www.paedi-ifanger.ch

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